Happy New Year, Happy New Me!
Nur zwei bis drei Kalenderblätter entfernt ist 2020 im Grunde bereits Geschichte. Die besinnliche Zeit ist passé und damit auch die Tage der präsilvesterlichen Selbstreflektion. Die ist wichtig, wenn Du vorankommen möchtest. Erstes Gebot: „Zufriedenheit bedeutet Stillstand!“ Zeit also, in die Umsetzung zu kommen. Ein Hoch auf die Persönlichkeitsentwicklung! 2021 wird DEIN Jahr!
Bei all dem Enthusiasmus stellst Du Dir über kurz oder lang folgende Frage: Bin ich eigentlich genug?
Du, mein/e Liebe/r, bist (für schlappe 99,- € Spitzen-Rabatt-Preis) ein (verdammtes) Geschenk für die Welt! So oder so ähnlich startest Du nämlich Deine ganz eigene Heldenreise mit direktem Steuer auf den Strudel der persönlichen Optimierung.
Ein Strudel ist ein Wirbel oder eine Stelle, an der sich das Wasser oder eine andere Flüssigkeit in einer kreis- oder spiralförmigen Bewegung nach unten bewegt, wobei sich in der Mitte eine trichterförmige Vertiefung bilden kann. Norddeutsch wird ein Strudel mit starker Gegenströmung auch eine Neer genannt. (Quelle: Wikipedia.org)
Eine Neer aus übermotivierten Menschen, die sich fortwährend befleißigen, die beste, aber wirklich allerbeste (!) Version ihrer selbst zu sein. Und Du mittendrin. Gut, dass es große Hallen gibt. Da können sich Gleichgesinnte treffen und gemeinsam bei Discobeleuchtung springen und klatschen. Um 11 Uhr vormittags. Das macht man so, wenn man zufrieden ist, mit sich und der Welt. Grade so zufrieden zumindest, um nicht stillzustehen.
„… Jeder einzelne von euch könnte jetzt auch da draußen in der Sonne baden … Aber DU hast Dich für DICH entschieden …“ … und für zu dicht gedrängte Körper … und verschwitzte Gruppenumarmungen.
Free Hugs im Eingangsbereich sind nichts für Dich? Halb so wild, Du bist vielleicht noch nicht soweit. Spätestens zum überteuerten Mittags-Catering steht Dein Herz offen. Zum Kaffee erfährst Du die exorbitante Kraft des 4-minütigen Augenkontakts mit einem absolut Fremden und das tosende Finale bilden drei Dutzend Wasserbälle und ein übersteuerter Shakira-Song, zu dem Du Dein inneres Kind mal so richtig von der Leine lassen kannst. Mit dem hast Du Dich jetzt nämlich connected. Bis Montagvormittag.
Zum Glück wirst Du vorgewarnt, dass da draußen lauter Entwicklungsresistente warten, die sich an Deinem Scheitern laben. Jetzt, wo Du voller Euphorie bist und Dir die Welt offensteht. Dass das aber auch keiner versteht. Also aus Deinem Umfeld. Vielleicht gehst Du einfach zu noch einem Event. Schließlich bist Du der Durchschnitt der fünf Menschen mit denen Du Dich umgibst … und da sind mindestens 800. Im Gleichklang klatscht es sich auch schöner.
Klingt zynisch? Zynisch ist, wenn Du Dich fragst, warum Du 17 Veranstaltungen und 7.268,- € später immer noch in Reihe drei, Gang B stehst und in der Pause grinsend Visitenkarten mit Menschen tauschst, die Du aller Wahrscheinlichkeit nach nie wiedersiehst. Wenn Du realisierst, dass es nicht die „Diamanten“ und schon gar nicht die „Superstars“ sind, die im Pulk dem überbezahlten Animateur huldigen. Wenn Du siehst wie ein Freund neben Dir genau dieser Erkenntnis wegen in Tränen ausbricht. Das ist zynisch.
In der Welt da draußen warten abertausende Abenteuer darauf gelebt zu werden und mit jeder Minute in einer dieser Hallen stirbt irgendwo ein kleines Stück (ungelebte) Geschichte. Discobeleuchtung hin oder her, Ängste werden nicht in großen Hallen besiegt. Schieb die Ärmel hoch und nimm Dein Leben in die Hand! Schreib Deinen eigenen Soundtrack! Und wenn das bedeutet mit Freunden „da draußen in der Sonne (zu) baden … Aber DU hast Dich für DICH entschieden.“
Beitragsbild ©TjinGwan