„Ich erwarte von Dir, dass Du Dein Zimmer aufräumst!“. Bereits als Kind werden wir mit Erwartungen konfrontiert. Doch die Frage ist, was wird von uns erwartet?
In den meisten Fällen …
… Festigen sich bestimmte Erwartungen so im Gehirn, dass unser Unterbewusstsein Dinge in Situationen hineininterpretiert und wir es nicht merken. So werden Erwartungen zu einer Art Glaubenssatz: „Es wird von mir erwartet, dass ich immer lustig bin, immer hilfsbereit und dass ich immer funktioniere“. Es geht dann meist so weit, dass wir selbst in vielen Bereichen des Lebens eine gewisse Erwartungshaltung einnehmen. Wir warten darauf, dass etwas in einer bestimmten Situation passiert.
Wir könnten auch sagen, dass ich auf etwas hoffe oder vermute, was passiert, oder was mein Gegenüber sagt oder tut. Doch wissen tun wir es erst, wenn es tatsächlich passiert. Vielleicht kann auch der eine oder andere in die Zukunft schauen oder die Gedanken lesen. Doch auch das wäre meiner Meinung nach zu beweisen.
Worauf ich hinaus will, ist mir erst letztens in einem Gespräch bewusst geworden. Ich erzählte von meinem Hund Leo. Er ist neun Jahre alt und ein Lanzarote-Straßen-Mix. Seit er bei uns ist, versucht er immer, alles richtig zu machen. Wer weiß, was der kleine Kerl alles erlebt hat. Wenn er ein Leckerli bekommt, macht er alles, was er gelernt hat: Männchen, Pfötchen geben, Rolle machen und sich im Kreis drehen.
Genau so fühlte und fühle ich mich heute auch in manchen Situationen. Früher dachte ich, ich müsse es allen recht machen. Heute frage ich mich oft: „Muss ich das? Wird von mir wirklich erwartet, dass ich perfekt bin und allen Erwartungen entspreche?“ Vielleicht ist die Erwartung an mich selbst nur so groß. Doch solange es nicht beweisbar ist und keiner etwas sagt, kann ich nur das erwarten, was ich selbst möchte.
Nun gibt es Situationen, …
… In denen Leute etwas erwarten, und das ist, wenn sie dafür bezahlen. Wenn ich zu einem Vortrag, Seminar oder einer Fortbildung gehe, dann erwarte ich, dass ich eine Leistung von dem/der Trainer*in, Seminarleiter*in oder Vortragenden bekomme. Schon ist der Druck da, der Erwartungsdruck. Was wird von mir erwartet?
Wenn ich als Trainerin, Referentin oder Dozentin vor einem Publikum stehe, zählt der erste Eindruck. Da ist auf viele Sachen zu achten, weil es ja perfekt sein soll. Je mehr ich mich darauf konzentriere, desto mehr fühle ich mich wie mein Hund Leo. Ich tue alles, um ein positives Feedback zu erhalten – also mein persönliches Leckerli.
Mit der Zeit habe ich gelernt, dass ich nicht perfekt sein muss. Ich wachse an meinen Herausforderungen und jede Kritik ist ein Feedback, aus dem ich lernen kann. Wichtig ist eine gute Vorbereitung. Wie beim Theater, kann man sich einen Proberahmen schaffen. Schritt für Schritt zum Auftritt. Für die Generalprobe suche ich mir ein vertrautes Publikum.
Was für unterschiedliche Möglichkeiten es gibt, verrate ich ein anderes Mal oder schaue mal bei Sprachmagie rein.
Besiege die Redeangst, begeistere und inspiriere andere, vertraue Deiner Intuition.
Inzwischen sage ich: „Lebe nicht, um zu erwarten. Erwarte das Leben! Jetzt!“
Kennst Du diese Situation, wenn Dir jemand aus dem Nichts über den Mund fährt und Du einfach nicht weißt, was Du antworten sollst? Und willst Du wissen, wie Du es schaffst, nie wieder sprachlos zu sein?
Nein, sorry, diesen Weg kann und will ich nicht einschlagen. Falls Du Dich fragst, was ich damit meine, lies Dir gerne meinen letzten Blogbeitrag durch (https://sprachmagie.com/100-authent-ich/). Falls Du Dir auch so vorstellen kannst, worauf ich hinauswill, klick trotzdem gern rein, es lohnt sich. 😉
Aber ich will gar nicht lange drumherum reden. Wie Du Dir dank der ersten Zeilen sowie des unfassbar kreativ gewählten Beitrag-Titels sicher schon denken kannst, möchte ich mit Dir das Thema Schlagfertigkeit erörtern.
Was bedeutet „Schlagfertigkeit“ überhaupt?
Laut Duden, eine zumeist sichere Quelle für Wortbedeutungen, bezeichnet das Wort Schlagfertigkeit die Fähigkeit, schnell und mit passenden, treffenden, witzigen Worten auf etwas zu reagieren.
Freunde des geflügelten Wortes, wir brauchen es nicht wegzureden: Jeder von uns befand sich schon einmal in der Situation, überrumpelt worden zu sein oder keck von der Seite einen provokanten Kommentar geerntet zu haben. Wahlweise laut vor versammelter Mannschaft oder (mir besonders lieb) grade so laut, dass Du es hören kannst, aber eben noch leise genug, dass der Absender alles abstreiten könnte, sollte es zu einer Konfrontation kommen. Hach, Kommunikation ist was Feines.
Jetzt wäre es einfach, mit drei bis zwölf Techniken um die Ecke zu kommen und Dich in die Geheimnisse der Schlagfertigkeit einzuweihen. Da ich selbst aber ungern Dinge einfach so hinnehme und gerne das Warum hinter meinem Tun kenne (und ich es ja nun einmal bin, die diesen Beitrag verfasst) kommst auch Du (glücklicherweise) nicht um die Beantwortung der Frage herum: Aus welchem Grund „müssen“ wir überhaupt schlagfertig sein?
In einer perfekten Welt …
… Spräche jeder offen und ehrlich über seine Gefühle, formulierte Ich-Botschaften und übernähme Verantwortung für das Gesagte. Der Schlagfertigkeit bedienten wir uns nur aus humoristischen Gründen und stets in Verbindung mit einem spitzbübischen Lächeln, mehr von Unschuld als von Häme getragen.
Im Hier und Jetzt sieht das leider nicht immer ganz so aus.
Ohne es in Gänze aussprechen zu wollen, verpacken Menschen Wut und Ängste wiederholt in (fast beiläufig klingende) Anmerkungen. Mal mehr, mal weniger süffisant. Häufig dient dies vor allem dazu, von sich selbst abzulenken, also den sprichwörtlichen Kelch weiterzureichen. Ziel ist es dabei zumeist, jemand anderen in die Position zu bringen, sich rechtfertigen zu müssen und ihn damit in den Fokus zu rücken.
In welchen Situationen siehst Du Dich rückblickend, vielleicht sogar brandaktuell, in der (Not-)Lage, ad hoc auf gewitzte Weise antworten zu müssen?
Die Ausgangssituation
Als olympiareife Gegen-die-Zeit-Läuferin entere ich gerne mal unfreiwillig aufsehenerregend Büro- oder Seminarräume. Mir über meine Eigenverantwortung bewusst, verkneife ich mir an den Haaren herbeigezogene Ausreden. Trotzdem gehen Fragen wie „Na, hat der Wecker wieder nicht geklingelt?“ oder „Brauchen wir mal wieder den großen Auftritt?“ selbstverständlich auch an mir nicht vorbei.
Früher hätte mein Gesicht an dieser Stelle wohl die Farbe einer Tomate angenommen und ich hätte mich gesenkten Hauptes zu einem leeren Platz durchgemogelt. Im Bauch ein ungutes Gefühl wegen meines wohlwissentlichen Zuspätkommens und auf den Schultern die schwerwiegende Scham über die Bloßstellung vor allen anderen.
Versteh mich bitte nicht falsch: Zuspätkommen ist nichts, was ich glorifizieren möchte. Mir ist bewusst, dass Menschen Dinge wie mangelnde Wertschätzung, Respektlosigkeit oder Aufmerksamkeits-Hascherei damit verbinden. Alles Punkte, die keinerlei Platz in der Wahrnehmung meiner Zeitlinie finden.
Komme ich zu spät? Ja. Ist mir das Anliegen deshalb weniger wichtig? Auf keinen Fall. Möchte ich daher möglichst störungsfrei zu den anderen stoßen? Na klar! Bringen Dozent*innen ihre Wut trotzdem durch spitzes Nachfragen zum Ausdruck? Zu 98%.
Kann ich das verstehen? Manchmal.
Noch einmal: In einer perfekten Welt würden wir wohl aufeinander zugehen und es fielen Sätze wie „Es trifft mich, wenn Du zu spät kommst. Dadurch habe ich das Gefühl, meine Arbeit wird nicht gewertschätzt.“ Entgegnet von „Danke, dass Du mir das sagst. Ich schätze Deine Arbeit sehr und war mir nicht bewusst, welche Auswirkungen mein Zuspätkommen mit sich bringt.“ Na gut, in einer perfekten Welt würde ich wohl auch nicht zu spät kommen, aber dazu ein anderes Mal mehr.
Wortbilder aufgreifen
Wieder im Heute, samt (beidseitig) emotionsgeladener Kommunikation, wappne ich mich also mit Schlagfertigkeit für den verbalen Gegenangriff. Pünktlich zwei Minuten nach Schließen der Hörsaaltür kommt mein großer Auftritt. Kamera läuft, Spot an, Klappe die erste!
Skriptgetreu ertönt mit meinen ersten Schritten in den Raum bereits die Frage „Brauchen wir mal wieder den großen Auftritt?“ Und das ist mein Stichwort. Im wahrsten Sinne des Wortes: „Klar, ich hab‘ mich heut früh schließlich nicht umsonst in Schale geworfen!“ Mic Drop.
Im schlechtesten Fall herrscht jetzt Ruhe. Im besten müssen alle Beteiligten über die Situation schmunzeln. Beachte bitte, dass es nie darum gehen sollte, jemanden mit Worten zu verletzen. In diesem Beispiel habe ich die Aussage über den großen Auftritt lediglich wörtlich genommen. Das einfachste Stilmittel schlagfertig zu antworten, besteht darin, Wortbilder aufzugreifen, und sie Dir zunutze zu machen.
Lieber-Als-Technik
Wir spulen noch einmal zurück. Klappe die zweite! „Brauchen wir mal wieder den großen Auftritt?“ – „Lieber den großen Auftritt als eine verpasste Unterrichtseinheit.“
Mit der sogenannten „Lieber-Als-Technik“ bringst Du Deine Zuhörer*innen erst einmal zum Nachdenken. Je nachdem wie Du sie formulierst, kannst Du Wichtigkeit in Aussagen legen. In diesem Beispiel nehme ich den Kommentar zwar nicht schweigend hin, unterstreiche gleichzeitig aber auf charmante Art und Weise, dass mir die Teilnahme etwas bedeutet.
Chunking
Und da bekanntlich aller guten Dinge drei sind: Klappe … Ach, Du weißt schon. „Brauchen wir mal wieder den großen Auftritt?“ – „Viel wichtiger als mein Auftritt ist doch, dass die Veranstaltung hier heute gut über die Bühne geht.“
In keinem zeitgemäßen Blogartikel sollte es an neudeutschen Begriffen mangeln, daher möchte ich Dir an diesem Beispiel das sogenannte Chunking näherbringen. Hierbei geht es darum, Dinge ins Verhältnis zu setzen. Ich nehme den Fokus von meinem einzelnen kleinen Auftritt und setze ihn ins Verhältnis zum gesamten Seminartag. Diese Technik funktioniert in sämtliche Richtungen. Blas das Thema auf (Up-Chunking), zerlege es in kleinste Einzelteile (Down-Chunking) oder orientiere Dich an inhaltlichen Parallelen (Lateral Chunking).
Du siehst, so wie es dutzende Variationen von kommunikativen Giftpfeilen gibt, so existieren erfreulicherweise auch mindestens genauso viele rhetorische Antidote, um dem nach Rechtfertigung strebendem Pfeil die Flugkraft zu nehmen oder sogar den Schützen zu entwaffnen.
Überleg Dir, was Du mit Deiner Antwort erreichen möchtest und tatsächlich auch, entgegen aller Schlagfertigkeits-Ratgeber, ob Du überhaupt etwas entgegnen „musst“. Schlagfertigkeit ist vor allem eine Sache der Haltung. Ein selbstsicher gesprochenes „Ja“ kann deutlich wirkungsvoller sein als mit gebrochener Stimme formulierte Satzwunder. Und ein klarer Blick sagt manchmal mehr aus als tausend Worte. Und „müssen“ müssen wir schon einmal gar nichts.
Hallo, ich bin´s. Die Selbstliebe. Ich bin tief in Dir drin.
Du hast mich eine Weile ignoriert. Konntest Dich nicht im Spiegel anschauen. Es fehlte Dein Glauben an mich und so wurde ich immer kleiner. Doch ich habe immer an Dich geglaubt und wollte Dich aus Deiner Selbstkritik herausholen. Doch konnte ich gegen Deinen inneren Kampf nicht ankommen.
Oft habe ich mit der Selbstkritik diskutiert, sie gebeten, Dich freizugeben. Du ließt es nicht zu. „Nobody is perfect“, habe ich Dich manchmal reden gehört. Ein Funken von Hoffnung flammte in mir auf. Dann sahst Du in den Spiegel und fingst an zu weinen. Die Selbstkritik lud den Hass ein und ich konnte nicht an Dein Herz herankommen. Dabei war es voller Liebe zu anderen. Nur an mich hast Du nicht glauben wollen.
Tiefe Wunden von außen haben wir all die Jahre überstanden. Sie haben Narben hinterlassen. So dicke Narben, dass sie liebevolle Komplimente nicht an Dich herangelassen haben. Voller Skepsis suchtest Du nach dem Haken, konntest Dein Glück, geliebt zu werden, nicht glauben. Ich habe immer daran geglaubt, dass es auch Menschen gibt, die Dich lieben, so wie Du bist.
Du stehst auch heute noch immer da, mit Deinem großen Herz voller Liebe. Wie eine Quelle sprudelt es aus Dir heraus. Ich stand am Ufer und freute mich über diesen Fluss. Doch immer, wenn ich versuchte, daraus zu trinken, wich dieser Fluss zurück. Dabei dürstete es mir so sehr.
Jetzt bist Du auf mich aufmerksam geworden und ich freue mich zutiefst. Etwas hat sich in den letzten Monaten getan. Die Selbstkritik hat sich zurückgezogen und mir den Vortritt gelassen. Du hast gelernt, annehmen zu können. Machst aus der Kritik von außen ein Feedback, aus dem Du lernst.
Ich darf jetzt auch aus der Quelle der Liebe trinken und mit Dir vor dem Spiegel stehen und über Deine Makel lachen. Ja, wir sind beide weise geworden und müssen keinem Ideal entsprechen. Inzwischen lässt Du immer mehr eine Umarmung von mir, deiner Selbstliebe, zu.
Selbstbewusster gehst Du Deinen Weg und merkst den Schmerz, den Du mir zugefügt hast, selbst kaum noch. Wir sind noch nicht am Ziel angekommen, aber wir sind auf einem guten Weg.
Weinend vor Freude dürfen wir die Narben verblassen lassen und uns annehmen, so wie wir sind. Denn auch Liebe liegt immer im Auge des Betrachters.
So betrachte Dich mit voller Selbstliebe im Spiegel und erkenne, dass Du nicht perfekt sein musst. Denn für die, die Dich lieben und dazu gehöre ich auch, für die bist Du perfekt.
Ich will ehrlich zu Dir sein: Ich bin müde. Müde davon, eine Werbung nach der anderen angezeigt zu bekommen, von Trainern, Life-Coaches und vermeintlichen Weltverbesserern, die mir in zweiminütigen Videos erklären, weshalb ausgerechnet ihr geballtes Wissen dafür verantwortlich sein wird, meine Lebensqualität ins Unermessliche zu steigern. Natürlich bin ich mir bewusst, dass der allseits bekannte Algorithmus mir solches Videomaterial nicht grundlos anzeigt.
Dabei ist es auch nicht die Thematik, die mich stört. Im Gegenteil, schließlich bin ich selbst als Trainerin tätig. Ganz abgesehen von meiner festen Überzeugung, dass Konkurrenz das Geschäft belebt. Außerdem glaube ich, dass es Unmengen an Coachingbereichen sowie unzählige individuelle Geschmäcker gibt, die eine Vielzahl an Trainer*innen durchaus rechtfertigen. Naja, und ich lerne gerne dazu.
Was mich stört, …
… ist die Art und Weise vieler dieser Angebote. Nehmen wir beispielsweise (nicht ganz ohne Grund) den Themenbereich Rhetorik. Wie oft steht da ein Mensch vor der Kamera, kerzengrade, das Lächeln ins Gesicht gemeißelt und erzählt Dir, wie auch Du es schaffst, in nur drei bis 24 Schritten Deine Redeangst abzulegen? Selbstverständlich für den angemessenen Preis von 399,- €, inklusive hochwertigstem Videomaterial mit einer übersichtlichen Dauer von vier Stunden. Mit viel Glück erhältst Du zusätzlich noch einen Download-Link zu einer halbherzig korrekturgelesenen PDF-Datei. Dieser Mensch will Dir zeigen, wie du freisprechend und vollkommen natürlich vor einer Audienz stehst und dabei überzeugend Deinen Standpunkt vermittelst. Während er oder sie über aufrechte Haltung und Schlagfertigkeits-Tipps referiert, untermalt die Person wichtige Informationen durch ausgeprägte Handbewegungen und verleiht ihren Aussagen durch Zusammenkneifen der Augen bedeutungsschwangeren Wert.
In der Theorie hast Du jetzt alles, was es braucht, um als hochkarätige*r Redner*in selbstbewusst auf die Bühne zu treten. Also rein theoretisch. Bevor ich näher auf meine Sicht der Dinge eingehe, möchte ich zusammen mit Dir einen noch tieferen Blick auf die meist Unterrichtenden werfen:
Die Unterrichtenden
Als Redner solltest Du in jedem Fall mit einem Lächeln wie aus der Colgate-Werbung geschnitten aufwarten. Bitte nutze mindestens 13,4g Haarwachs, um Deine Föhnwelle charismatisch in Form zu bringen. Alternativ funktioniert auch ein sich langsam nach hinten verflüchtigender Haaransatz. Die Hauptsache ist, Du denkst an das Haarwachs.
Falls Du an dieser Stelle, der Gerechtigkeit halber, Beschreibungen von ausfrisierten Damenhaarschnitten vermisst, hat dies einen Grund. Weibliche Rednerinnen, Trainerinnen und weibliche Coaches genießen in dieser Branche nach wie vor Seltenheitswert (man verzeihe mir also das fehlende Gender-Sternchen am Anfang des vorangehenden Absatzes).
Kleide Dich wie die ganz Großen
In Deinem Kleiderschrank sollten auf keinen Fall weniger als sieben gut gestärkte Ralph-Lauren-Hemden mit steif gebügeltem Kragen hängen. Dazu kombiniert mindestens zwei unterschiedliche Sakkos, eins in Anthrazit, das andere in seriösem Blau. Wenn es leger sein soll, gerne das Camp-David-Poloshirt Dann aber mit hochgeklapptem Kragen! Du willst bei den ganz Großen mitspielen? Dann kleide Dich wie die ganz Großen!
Und sollte sich doch mal versehentlich eine Frau auf die Bühne/vor die Kamera verlaufen, hier die Dich zum Erfolg bringende goldene Regel: Hosenanzug, Kleid, Kostüm. Punkt. Hohe Schuhe sind selbstredend. Und roter Lippenstift! Im Gegensatz zu den Herren aber bitte weniger aufgesetzt lächeln, ein gewisses Maß an Skepsis sollte stetig im Blick erkennbar sein. Du bist keine echte Trainerin, wenn nicht jeder sieht, wie tough Du Deinen „Mann stehst“, wie bewusst Du aber zeitgleich Deine innere Femme fatale nach außen trägst.
Stimme macht Stimmung
Nicht weniger wichtig ist der Einsatz Deiner Stimmbänder. Schließlich hat alles, was Sprecher*innen sagen Gewicht und will Gehör finden. Du dozierst nicht nur über optimale Stimmmuster, klare Artikulation und die Beachtung von Pausen, sondern präsentierst diese mit jedem gesprochenen Satz. Ganz natürlich, wie ein Roboter.
Unabdingbar ist es hierbei, Dein Gesagtes mit auschoreographierter Gestik zu untermalen. Achte vor allem darauf, besonders gehaltvollen Gesprächsinhalten mit weit geöffneten Armen Dimension zu geben und Negativbeispiele mit nach unten wedelnden Handbewegungen nichtig zu sprechen. Auch hier bitte: Ganz natürlich, wie ein Roboter.
Vergiss nicht, dass Du eine Botschaft hast, die Du Deinen Zuschauer*innen übermitteln möchtest. Aufmerksamkeit entsteht vor allem durch Aufsehen. Es geht darum, den Menschen zu zeigen, wer Du bist. Mach Dir also Gedanken darüber, was Dich zum Reden prädestiniert. Eine Aufzählung von Titeln und Referenzen macht sich hierbei besonders gut. Informiere, wie vielen Menschen Du bereits zu einem besseren Leben verholfen hast und stütze Deine Ausführungen mit Zahlen. So wie man eben Nähe schafft: Ganz natürlich, wie ein Roboter.
Letztlich lassen sich all diese Punkte zu einem zusammenfassen. Am Ende ist es das Wichtigste, dass Du Du selbst bist. 100% authentisch. Nur eben ohne Füllwörter. Die gehen gar nicht!
Und jetzt mal ehrlich …
Wenn ich so etwas sehe, dreht sich mir der Magen um.
In den Anfängen meiner Ausbildung zur Lehrtrainerin durfte ich selbst Zeugin davon werden, wie Teilnehmer*innen während des Präsentierens alles waren, nur eben nicht sie selbst. Ständig waberte der Wunsch nach authentischem Auftreten wie eine schwere Wolke durch den Raum. Paradoxerweise verwandten gleichzeitig alle ihre Energie darauf, unseren Trainier bis ins kleinste Detail zu imitieren. Alles von ihm abweichende schien unprofessionell, alles Imitierte hingegen wurde kommentiert mit „Das ist schon gut, aber, irgendwie bist das nicht so richtig Du“. (Ach was …) Mit Authentizität jedenfalls hatte das bei weitem nichts zu tun.
Der Schlüssel zum Erfolg
So gehemmt, wie die einzelnen Personen versuchten, auf der Bühne Inhalte zu reproduzieren, so ausgelassen schmissen sie wiederum in der Mittagspause mit Anekdoten um sich. Alle Teilnehmer*innen auf ihre ganz eigene, besondere Art und Weise. Für mich sind solche Situationen rückblickend die eigentlichen Schlüsselmomente meiner Lehrzeit.
Klar, ab einer gewissen Menge Füllwörter oder mit Schnappatmung gepaarter „Ähm‘s“ stellt sich auch bei mir die rhetorische Alarmbereitschaft ein. Dennoch bin ich der Auffassung, dass gewisse Makel uns überhaupt zu der Person machen, die wir sind. Damit meine ich Persönlichkeitsmerkmale und kleine Eigenheiten, die bei flüchtiger Beurteilung womöglich rhetorisch nicht einwandfrei erscheinen, die auf der persönlichen Ebene aber für Nähe und Wiedererkennungswert sorgen.
Wenn Du nicht der Typ für Hemden bist, trag ein Shirt unterm Sakko. Wenn Du auf Pfennigabsätzen keine zwei Meter weit kommst, greif zu trendigen Loafers.
Sprich Dialekt oder nutze Neologismen, nur sprich sie mit Deiner Stimme.
Die eine Geste, die sich immer wieder einschleicht, mach sie zu Deinem Merkmal.
Vergiss nicht, dass Du eine Botschaft hast, die Du Deinen Zuschauer*innen übermitteln möchtest. Mach Dir also Gedanken darüber, was Dich zum Reden prädestiniert. Nicht um Deinetwillen, sondern für sie.
Letztlich lassen sich all diese Punkte zu einem zusammenfassen. Am Ende ist es das Wichtigste, dass Du Du selbst bist. 100% authentisch. Meinetwegen auch mit Füllwörtern.
Geht’s Dir auch manchmal so, dass Du zwar ganz viel umsetzen möchtest, aber irgendwas hindert Dich daran, loszulegen? Genauso erwische ich mich vor einem Stück Papier sitzend, mit kreisenden Gedanken, gleich einem Geier, der auf einen schwachen Moment seiner Beute wartet. Blöd nur, wenn das angepeilte Objekt der Begierde so gar keine Anstalten macht, sich seinem Schicksal zu ergeben. Wenn das altersschwache Steppenzebra zum verspielten Wildpferd mutiert und meine Aufmerksamkeitsspanne sich damit der eines Eichhörnchens nähert.
Die Tatsache, dass es sich hier mehr um einen Beitrag zum Thema NRP® (Neuro Rhetorisches Programmieren) als um afrikanische Steppengleichnisse handeln sollte, verdeutlicht mein Dilemma. Der Fakt, dass ich weiterhin überlege, ob es wirklich afrikanische Steppen sind in denen … Ich denke, Du verstehst, was ich meine.
Seit ich denken kann, schreibe ich alles auf, was mir durch den Kopf geht. Auf diese Art habe ich für mich gelernt, rotierenden Gedanken eine Form zu verleihen. Indem ich meinen Gedanken Struktur gebe, indem ich sie zähme, schaffe ich in meinem Kopf den nötigen Freiraum, um sie loszulassen, sodass sie sich entfalten können. Das klingt zunächst wirr, ist aber ungemein befreiend – womit wir wieder bei den Wildpferden wären.
Spaß beiseite: Man könnte meinen, dass mein Spleen der schriftlichen Verarbeitung von Gedanken mir auch beruflich zugute kommt. Damit Geld zu verdienen ist doch eigentlich das Beste, was mir passieren konnte, oder etwa nicht? Ich will Dir veranschaulichen, weswegen:
Berufliches Schreiben
In Verbindung mit einer Themenvorgabe geraten meine Gedanken ins Stocken. Neben all den ungeordneten Informationen schwirren Dinge wie eine angemessene Ausdrucksweise oder inhaltliche Richtigkeit in meinem Kopf umher. Oh, und Grammatik, besonders Grammatik und nicht, weil sie mir so besonders liegt. So viel ist klar.
Der Verstand ist schnell dabei und hinterfragt schon während des Schreibprozesses Inhalte oder überdenkt mögliche Stilmittel wie beispielsweise „Geschichte in Geschichte“ oder mögliche Ringschlüsse. Noch während des Überfliegens der bereits geschriebenen Zeilen erwische ich mich dabei, wie einzelne, vermeintlich bessere Worte durch meinen Kopf sausen und darauf drängen, den Platz des davor geschriebenen Wortes einzunehmen. Meine Finger bewegen sich fortwährend zwischen Buchstabenfeld und Löschtaste. Klick, klick, klick – klack.
Genauso verhält es sich bei Rechtschreibfehlern und womöglich falscher Interpunktion (nicht, dass ich ernsthaft versiert auf diesem Gebiet wäre). Klick, klick – klack, klack.
Sei es eine rot oder blau unterlegte Linie, die mir einen Fehler unübersehbar aufs digitale Butterbrot schmiert oder der eigene von Word nicht einmal erkannte kleine Tipp-Fehler, der mich dazu zwingt in alter Monk-Manier mit meiner Konzentration an den vergangenen Zeilen zu verharren, den blinkenden Cursor mahnend im Augenwinkel. Klack.
Persönliches Schreiben
Ich möchte ehrlich zu Dir sein: Meistens denke ich nicht nach. Versteh mich bitte nicht falsch, es ist nicht so, dass mich das stört. Im Gegenteil, denn genau dann, wenn ich nicht nachdenke, laufe ich zu Höchstleistungen auf! Die Finger fliegen nur so über die Tastatur. Meist hebe ich währenddessen nicht einmal den Blick, um zu überprüfen, welche Spuren mein ungestümes Tippen auf dem Keyboard auf dem weiß strahlenden Bildschirmhintergrund hinterlässt. Man, ist das manches Mal ein Kauderwelsch, was mir im Anschluss entgegenschlägt! Jackson Pollock* wäre neidisch auf die zahlreichen Farbkleckse, die die schwarze Schrift in Form von Wellen und Linien kontrastieren. So schmaddert der eine Farbe auf unberührte Leinwände und die andere Wortgulasch auf digitale Projektionsfläche.
Dabei ist es die Freiheit, Kontrolle abzugeben, loszulassen und den vermeintlich unsinnigsten Gedanken Raum zu geben, die plötzlich ungeahnte Worte und Satzbauten durch meine Finger strömen lässt.
Jetzt sollte man meinen, dass spätestens in der Nachbearbeitung Unmengen Arbeit damit verbunden sind, um das paraphrasierende Gedanken-Karussel und die durch Interpunktion geprägte Ratio übereinzubringen. Und oh, wie gern würde ich an dieser Stelle mit Fleiß und Akribie protzen. Tatsache ist aber, dass das erwartete Chaos letztlich ausbleibt. Die ein oder andere Kommasetzung hier, ein wenig Buchstabentauschen da, gepaart mit der Erkenntnis, dass die Intuition letzten Endes doch der bessere Berater zu sein scheint.
Intuition 1:0 Verstand
Die gute Nachricht: Ich darf mich glücklich schätzen sowohl Intuition als auch Verstand als Anteile meiner Persönlichkeit zu wissen. Es könnte also schlimmer sein.
Die schlechte Nachricht: Von Teamwork halten diese Anteile nicht all zu viel.
Also grüble ich, wie ich die ungleichen Eigenschaften zur Zusammenarbeit bewegen kann.
Da ist die kreative Seite, die frei von der Leber weg Bauchgefühl in Worte fasst und so Gedanken Wiedererkennungswert verleiht und auf der anderen Seite die Logik, die vermeintliche Wortfetzen in Reih und Glied bringt.
Dabei fällt mir auf, dass die beiden sich gar nicht so unähnlich sind. Ziel des einen wie des anderen ist es, möglichst einen verständlichen schriftlichen Mehrwert für jedermann zu schaffen. Lediglich die Herangehensweise ist unterschiedlich.
Durch NLP (Neuro Linguistisches Programmieren) habe ich gelernt, jeden meiner Anteile für sich anzuerkennen und wertzuschätzen. Wobei „jeden … für sich“ in diesem Fall das Stichwort ist. Denn was, wenn die beiden gar nicht zusammenarbeiten müssen, sondern nacheinander viel effektiver ihr Potential entfalten?
Musik klopft durch die Kopfhörer meines Handys an mein Trommelfell und setzt mit sanften, wiederkehrenden Bassklängen wohlige Entspannung in jeder Faser meines Körpers frei. Getragen von der Melodie fließen Bilder, Töne und Empfindungen in Form von Buchstaben auf die Seiten meines Word-Dokuments. Die Finger fliegen nur so über die Tastatur.
Mit Ausschalten meiner Playlist wechsle ich von der samtigen Couch zum Schreibtischstuhl. Gewappnet mit einer Tasse Tee konzentriere ich mich auf die geschriebenen Worte, bringe Struktur in die Buchstabensuppe und merze Flüchtigkeitsfehler aus. Zufrieden setze ich sprichwörtlich den finalen Punkt. Klick, klick – klack, klack.
Wie gerne neigen wir dazu, zu klassifizieren? Bei Dingen ist das oftmals relativ leicht und schnell in Form von Schwarz-Weiß-Denke abgetan. Bei Menschen wiederum sieht das schon wieder anders aus. Wird das unserem Gegenüber gerecht? Wahrscheinlich nicht. Neigen wir trotzdem dazu? Auf jeden Fall.
Vor allem im Bereich Persönlichkeitsentwicklung sprechen wir viel über Merkmale. Ist jemand eher introvertiert oder extrovertiert? Verhält er/sie sich eher personen- oder prozessbezogen? Haben wir es mit einem Kopf- oder einem Gefühlsmenschen zu tun? Schublade auf, Schublade zu.
Ich habe jemanden kennengelernt.
Wenn ich das so hervorhebe, muss ich schmunzeln, ist das doch eigentlich nichts Ungewöhnliches. Grad zu COVID-Zeiten lässt sich das dennoch vermutlich unter Rarität verbuchen. Aber zurück zum Thema: In unserem Kennenlernen ist über die Zeit eines für uns klar geworden: Er ist ein Kopfmensch, der alles durchdenkt und keine gedankliche Option auslässt, ich bin ein Gefühlswesen, welches intuitiv Entschiedenes (er-)lebt.
Auf den ersten Blick klingt das einfach und herrlich definiert. In der Retrospektive hätte es also klar sein müssen, dass Himmel und Erde zwei unterschiedliche Welten bilden. Zumindest scheint das der Grund, weshalb dieser Mensch, trotz aller für uns sprechenden Optionen, die wenig Protestierenden als ausschlaggebend erachtete. So gehen wir getrennte Wege oder zumindest im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr Hand in Hand, in aller Freundschaft.
Freundschaft hin oder her, auch das will verarbeitet werden.
Wie ich das mache?
Mit doppeltem Salto und dreifacher Schraube stürze ich mich, wer hätte das gedacht, in meine Gefühlswelt. Von den Wogen der Musik meiner Spotify-Playlist getragen, tauche ich abwechselnd in das tosende Meer der Traurigkeit ein und reite auf den aufbrechenden Wellen des Optimismus. Unabhängig von farbenfroh skizzierten Metaphern bedeutet das im Grunde genommen, dass ich in mich reinspüre und jeglichen Impuls zulasse, der mir dabei entgegenschlägt.
Eine Freundin ruft morgens an, dass Schnee gefallen ist. Barfuß und nur mit einem langen Pullover bekleidet, laufe ich in den Garten, lausche dem Knistern des leicht angefrorenen Schnees unter meinen Füßen und fange Schneeflocken auf meiner Zunge. Ich lade mir „Hook“ im Streaming-Dienst herunter und sehe Robin Williams mit glitzernden Augen dabei zu, wie er sich der Leichtigkeit des Fliegens erinnert und kaufe im Supermarkt Trinkpäckchen, deren Ecken ich beim Schlürfen des Inhalts nostalgisch nach oben klappe, so wie meine Mutter es früher für mich getan hat. In meinen Ohren dabei die Kopfhörer, über die Hoffnungsklänge aus Disneyfilmen an mein Gehör dringen. Im sicheren Raum meiner warmen vier Wände tanze und singe ich dazu aus vollem Hals. Ich bin traurig und ängstlich, freudig und wütend zugleich.
Wie er das macht?
Abgeklärt sinniert er darüber, auch mal wieder meditieren zu müssen. In Pro- und Contra-Listen wägt er die Sinnhaftigkeit seiner Entscheidungen ab, beobachtet morgens die zarte Schicht Schnee auf seiner Terrasse und horcht dem Zwiespalt seiner Gedanken. „Wenn ich jetzt noch laufen gehe, sehe ich vielleicht noch etwas schneebedeckte Landschaft, bevor alles weggetaut ist.“
Zugänglich für jedermann auf Social Media beobachtet er im Laufe des Tages mein Tun. Auf dem Handydisplay erscheint, wie ich mit nackten Beinen durch den Schnee balanciere und ihm stellt sich die Frage: „Warum habe ich das nicht gemacht?“. Mit dem nächsten Schneefall erscheint in meinem Social Media Feed ein Bild von Barfuß-Spuren im Schnee. In Sprachnachrichten berichtet er mir freudig von seinem Erlebnis und teilt mir später mit, wie befreiend es ist, zu Disney-Songs durchs Haus zu rauschen, gefolgt von dem Bild eines Schneemanns mit der Aufforderung „Challenge!!!“ an mich gleichzuziehen.
Indes …
… Robbe ich gedankenfrei durch den Garten, fasse pappige Schneehaufen zu wohlgeformten Kugeln zusammen, errichte neben meiner Terrassentür eine stattliche Schneefrau und staffiere diese mit allerlei Deko, wie Kleid, Schmuck, Perücke und Klimperwimpern aus. Zufrieden mit „Olga“ und mir wate ich zurück in die warme Stube und belohne mich mit einer Tasse heißem Kakao. Auf meinem Handybildschirm blitzt eine Nachricht auf. Mir entgegen prangt das Bild eines Schneemanns, samt Hut und Sonnenbrille. Darunter die Bildbeschreibung „Challenge!!!“.
Meine Gefühle fahren Achterbahn. Ich bin ängstlich: „Wenn ich jetzt ein Bild von Olga mache, sieht es aus, als wäre ich auf die Aufforderung eingegangen.“ Und wütend: „Ich habe die Idee doch schon vor dem blöden Bild gehabt!“ Und traurig: „Bilder von Spuren im Schnee, gelöstes Singen, gelebtes Gefühl, … all das zeigt ER nach draußen. All das zeigt er dank MIR, nicht mit mir. All das sehen ANDERE Menschen. All das werden SIE erleben, dank MIR, mit IHM.“
Im Looping der Achterbahn gefangen, …
… Überschlagen sich meine Empfindungen unkontrolliert. Meine Gliedmaßen zittern, ein Kloß manifestiert sich in meinem Hals, unbewusst balle ich meine Hände zu Fäusten und Tränen steigen mir in die Augen. Als unvermittelt ein Gedanke mein inneres Karussell abrupt zum Halten bringt: „Jetzt seid mal still! Lasst den Typen doch frei sein. Nur weil er mit einem Mal sein Glück findet, heißt das doch nicht, dass unseres dadurch an Wert verliert. Wir müssen ihm nicht dabei zusehen, wie er glücklich ist, wir können die Perspektive wechseln und den Blick wieder auf das unsere lenken.“
Die plötzliche Erkenntnis, dass es nicht die Gefühle sind, sondern dass es mein Kopf ist, der sich hier bei mir meldet, erschüttert mich kurz und rüttelt mich gleichermaßen wach.
In unserem Auseinandergehen ist über die Zeit eines für mich klar geworden: Er ist nicht nur Kopfmensch, der alles durchdenkt und keine gedankliche Option auslässt, ich bin nicht nur Gefühlswesen, welches intuitiv Entschiedenes (er-)lebt. Auf den ersten Blick klingt das vielleicht schwierig und fürchterlich kompliziert. In der Prospektive ist klar, dass Himmel und Erde an einem Punkt zweier unterschiedlicher Welten in Verbindung treten.